Ein barrierefreies Leben in Deutschland
Das Leben ist für jeden von uns eine einzigartige Reise, und auf dieser Reise besitzen wir alle unterschiedliche Eigenschaften und Erfahrungen. Manchmal können diese Unterschiede von langfristigen körperlichen, geistigen oder seelischen Merkmalen herrühren. In Deutschland werden solche dauerhaften Zustände als “Behinderung” definiert, und diese Definition umfasst nicht nur körperliche Einschränkungen, sondern auch Lernunterschiede, chronische Gesundheitsprobleme und das psychische Wohlbefinden.
Behinderung ist keine einheitliche Erfahrung. Wie ein Fingerabdruck ist sie für jeden Einzelnen einzigartig und wird auf einer Skala von 20 bis 100 bewertet. Diese Bewertung wird von einem Arzt vorgenommen, und je höher der Grad der Behinderung ist, desto größer sind die potenziellen Herausforderungen im täglichen Leben eines Menschen. Genau an diesem Punkt greifen die Unterstützungsmechanismen Deutschlands.
In den letzten Jahren hat das Konzept der “Neurodiversität” unser Verständnis von Behinderung erheblich bereichert. Dieser Ansatz erkennt die Existenz unterschiedlicher Gehirnstrukturen als natürlich und wertvoll an. Zustände wie Autismus, ADHS und Legasthenie werden nicht als Defizite, sondern als unterschiedliche Arten, die Welt wahrzunehmen und einzigartige Talente zu besitzen, betrachtet. Ziel ist es, diese Unterschiede zu verstehen und zu respektieren, anstatt sie zu stigmatisieren, und eine inklusive Gesellschaft aufzubauen, in der jeder sein volles Potenzial entfalten kann. Für weitere Informationen zu diesem Thema können Sie die Ressourcen von NeuroDivers e.V. erkunden.
Die helfende Hand des Staates: Unterstützung für Menschen mit Behinderungen
Deutschland bietet ein umfassendes Unterstützungsnetzwerk, um Bürger mit Behinderungen bei der Bewältigung der Herausforderungen des Lebens zu unterstützen. Diese Unterstützungen basieren auf dem Prinzip des “Nachteilsausgleichs” und zielen darauf ab, die gleichberechtigte und aktive Teilhabe von Menschen mit Behinderungen an der Gesellschaft zu gewährleisten. Einige der grundlegenden Unterstützungen, die in diesem Rahmen angeboten werden, umfassen:
- Inklusive Gesundheitsversorgung: Deckung der spezifischen medizinischen Bedürfnisse, die sich aus der Behinderung ergeben.
- Chancengleichheit im Beruf: Unterstützung und Anpassungen bei der Jobsuche und im Berufsleben.
- Selbstständigkeit zu Hause: Hilfen für Menschen, die Unterstützung bei alltäglichen Aktivitäten benötigen.
- Unterstützung für Familien: Hilfen zur Entlastung von Familien mit behinderten Kindern.
- Bewegungsfreiheit: Kostenlose Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel.
- Zukunftssicherheit: Das Recht auf vorzeitige Altersrente für Menschen mit Behinderungen, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen.
- Finanzielle Entlastung: Steuererleichterungen je nach Grad der Behinderung.
Es ist jedoch wichtig zu bedenken, dass der Zugang zu diesen Unterstützungen von den individuellen Umständen abhängt. Art und Umfang der angebotenen Unterstützung können für jede Person mit Behinderung unterschiedlich sein.
Der Schlüssel zum Zugang zur Unterstützung: Der Schwerbehindertenausweis
Der erste Schritt bei der Beantragung staatlicher Unterstützung ist in der Regel die Beantragung eines “Schwerbehindertenausweises”. Dieser Ausweis wird in der Regel an Personen mit einem Grad der Behinderung von 50 oder mehr ausgestellt. Der Antragsprozess umfasst das Ausfüllen des entsprechenden Formulars und die Einreichung zusammen mit den erforderlichen ärztlichen Gutachten beim zuständigen Versorgungsamt. Die Kontaktdaten des für Sie zuständigen Amtes finden Sie unter schwerbehindertenantrag.de.
Wenn Ihr Grad der Behinderung unter 50 liegt, verzweifeln Sie nicht. Es ist unter bestimmten Voraussetzungen dennoch möglich, Unterstützung zu erhalten. In solchen Fällen ist es am besten, professionelle Beratung bei einer Beratungsstelle zu suchen. Migrationsberatungsstellen für Erwachsene oder Jugendmigrationsdienste können Ihnen in dieser Hinsicht behilflich sein. Diese Stellen verfügen über Fachkräfte, die verschiedene Sprachen sprechen. Darüber hinaus finden Sie spezielle deutschsprachige Beratung für Menschen mit Behinderungen unter teilhabeberatung.de.
Ein wichtiger Hinweis: Ihr Aufenthaltsstatus hindert Sie nicht daran, einen Schwerbehindertenausweis zu beantragen. Das bedeutet, dass Sie diesen Ausweis auch beantragen können, wenn Ihr Asylverfahren noch läuft oder Sie eine “Duldung” (vorübergehende Aussetzung der Abschiebung) besitzen.
Informations- und Unterstützungsquellen: Wohin können Sie sich wenden?
Um die Beratungsstellen in Ihrer Nähe zu finden, besuchen Sie bitte unsere Seite Lokale Informationen. Hier können Sie Ihre Stadt angeben und nach Unterstützung in den Bereichen Asyl, Aufenthalt, Behinderung oder Recht suchen. Denken Sie daran, dass alle Beratungsstellen auch Menschen mit Behinderungen unterstützen. Egal, ob Sie erwachsen oder unter 27 Jahre alt sind, es gibt eine passende Beratungsstelle für Sie. Darüber hinaus finden Sie spezialisierte deutschsprachige Beratung zu Fragen der Behinderung unter teilhabeberatung.de.
Fünf große bundesweite Verbände für Menschen mit Behinderungen in Deutschland können Ihnen ebenfalls wertvolle Informationen und Unterstützung bieten. Über diese Verbände erhalten Sie detaillierte Informationen und Ratschläge zu Themen wie Alltag, Recht, Arbeit, Krankenversicherung und vielen anderen Bereichen (Informationen werden in der Regel auf Deutsch bereitgestellt):
- Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV)
- Bundesverband für Körper- und Mehrfachbehinderte (BVKM)
- Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter e. V. (BSK)
- Deutscher Gehörlosenbund
- Bundesvereinigung Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung
Barrierefreiheit für alle: Parkplätze und Toiletten
Behindertenparkplätze sind ausschließlich Personen mit einem Schwerbehindertenausweis und einem speziellen Parkausweis vorbehalten. Dieser Ausweis wird in der Regel Personen mit dem Vermerk “aG” (außergewöhnlich gehbehindert) oder “Bl” (blind) erteilt. In einigen Bundesländern können auch schwerbehinderte Menschen mit den Merkzeichen “G” und “B” diesen Ausweis erhalten. Bitte beachten Sie, dass das Parken auf diesen Plätzen ohne die entsprechende Genehmigung zu Strafen führen kann. Ein wichtiges Detail: Die Person, die das Fahrzeug fährt, muss nicht unbedingt die behinderte Person sein; eine Betreuungsperson kann diesen Ausweis für einen behinderten Angehörigen beantragen, und der Parkplatz kann genutzt werden, solange diese Person sich im Fahrzeug befindet. Die zuständige Stelle für die Beantragung des Ausweises können Sie bei Ihrer Gemeinde- oder Stadtverwaltung erfragen. Migrationsberatungsstellen können Ihnen dabei ebenfalls behilflich sein.
Der Zugang zu öffentlichen Behindertentoiletten erfolgt häufig über einen “Euroschlüssel”. Diesen Schlüssel erhalten Sie beim Club Behinderter und ihrer Freunde. Voraussetzung dafür ist ein Schwerbehindertenausweis mit einem der folgenden Merkzeichen: “aG”, “B”, “H” oder “Bl” oder das Merkzeichen “G” mit einem Grad der Behinderung von 70 oder höher. Die Nutzung von Behindertentoiletten in Restaurants oder Geschäften liegt im Ermessen des Inhabers, sollte aber im Allgemeinen für diejenigen zugänglich sein, die sie wirklich benötigen.
Denken Sie daran, unsere Unterschiede bereichern uns, und Deutschland bietet Menschen mit Behinderungen vielfältige Möglichkeiten, mit diesem Reichtum ein würdevolles und selbstbestimmtes Leben zu führen. Zögern Sie nicht, Informationen einzuholen und Ihre Rechte geltend zu machen. Sie sind auf dieser Reise nicht allein.